Eibe

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Die Eibe ist für mich ganz klar ein November-Baum. Es ist wohl ihre Ausstrahlung, die es ausmacht. Dunkel und schattig steht sie da. Schaue ich sie an, steht die Welt still. Sie wirkt wie nicht von dieser Welt und galt schon immer als Totenbaum. Wohl deshalb wurde sie schon früh an Friedhöfen bepflanzt. Sie ist umgeben von der Aura des Todes. Nicht nur im übertragenen Sinne. Denn alles an ihr ist hochgiftig. Ihre Borke, ihr Holz, ihre Nadeln und ihre Beeren. Nur die Ummantelung der Beeren, die rote Arillus, ist befreit davon. Das Gift Taxin wirkt lähmend auf das Herz und das zentrale Nervensystem. Schon die Berührung der Borke kann Unwohlsein und Kopfschmerzen verursachen. Für mich immer wieder erstaunlich, wieso Eiben für Hecken oder Zierbäumen eingesetzt werden. Vielleicht haben Zucht-Eiben etwas von ihrer Stärke eingebüsst, und doch darf man ihre Kraft nicht unterschätzen. Eiben können mehrere Tausend Jahre alt werden. Sie überdauern Zeit und Leben. Sie haben die Gabe, sich selbst immer wieder zu erneuern. Das Innere des Stammes fault hinweg, doch sie bildet gleichzeitig neue Wurzelsprossen. So gedeiht sie immer wieder neu und wächst im Laufe der Zeit in sich hinein.

Ich habe grossen Respekt vor der Eibe. Gehe ich sonst sehr offen auf Bäume zu, bleibe ich bei der Eibe auf sicherer Distanz. Es ist nicht nur ihre Giftigkeit, sondern auch ihre Präsenz. Sie strahlt ein uraltes Wissen aus. Wie eine alte Weise, die wohl zur Dorfgemeinschaft gehört, aber auch gemieden wird. Denn instinktiv hat man Angst vor ihr. Und doch ist man froh um ihren Rat. Und getraut man sich ihr zu nähern und sich ihr zu öffnen, so erkennt man plötzlich ihre Freundlichkeit und innere Schönheit. Die Eibe gilt zwar als Unterwelt-Baum, doch ihr Geist ist auch gütig und schützend. Schatten, Kälte und Dunkelheit können ihr nichts anhaben. Sie unterstützt uns dabei unsere Schattenseiten anzunehmen. Durch sie kommen wir zur Erkenntnis, dass auch diese ihre Daseinsberechtigung haben. Die Eibe steht genauso für die Dunkelheit, wie für das Licht. So lehrt sie uns beide Seiten anzuerkennen. Sie begleitet uns durch unser eigenes dunkles Tal der Finsternis. Und das ist gut so, denn auch das gehört zum Leben dazu.