Der erste Schnitt
Dieses Ritual steht für den Schnitt, den wir alle immer wieder im Leben vollziehen dürfen oder sollten. Es wird dir helfen, den Mut zu finden, einen Entscheid zu fällen. Altes loszulassen. Raum zu schaffen, für alles, was noch zur Reife kommen darf, und gleichzeitig auch Dankbarkeit zu fühlen.
Materialien: Brennholz, Bündel an langstieligen Gräsern, Blumen und Kräutern, Schnur und Schere
Such dir im Vorfeld eine Feuerstelle aus, wo du allein oder in einer Gruppe in Ruhe und ungestört das Ritual durchführen kannst. Bereite zuerst das Feuer vor. Schau, dass es kraftvoll und hell brennt. Nimm dir dabei Zeit und lass gedanklich das vergangene Jahr Revue passieren. Was durfte zur Entfaltung kommen? Wo fand Wachstum statt? Was kam zur Reife? Wo wiederum entwickelte sich etwas anders als erhofft? Bewerte nicht deinen Rückblick, sondern versuch einfach zu sehen, was ist. Vielleicht hilft es dir, die Gedanken zuerst schriftlich festzuhalten, oder mach einen kleinen Spaziergang. Gönn dir die Zeit, die du brauchst.
Wenn du innerlich sortiert bist, nimm die Gräser in die Hand und teile sie in drei gleichmäßige Bündel. Beginne nun, die drei Teile achtsam und bewusst zu einem Zopf zu flechten. Die Gräser stehen sinnbildlich für deine erste Ernte des Jahres. Sie verkörpern all das, was du ernten darfst. Was du dir erwünscht, erhofft, erarbeitet hast, aber auch, was dir nicht bewusst war oder was anders zur Entfaltung kam als ursprünglich gedacht. Schau dir die Stränge genau an. Achte und honoriere sie, indem du sie zu einem schönen Zopf flechtest. Binde ihn fest, damit er auch in der Form eines Zopfes bleibt. Halt ihn in deiner Hand. Schließ die Augen, verbinde dich mit deiner Ernte.
Wenn du soweit bist, nimm die Schere zur Hand und geh zum Feuer. Steh aufrecht da. Schneide bewusst und mutig ein Stück des Zopfes ab und übergib es dem Feuer. Schneide Stück für Stück des Zopfes ab, bis du alles dem Feuer übergeben hast. Begleite den Schnitt und die Übergabe an das Feuer mit folgenden bewussten Gedanken:
o Wo darf in meinem Leben ein Schnitt vollzogen werden?
o Was darf ich bewusst ernten?
o Was darf noch weiter reifen?
o Wofür bin ich dankbar?
o Was lasse ich los?
Lass das Ritual in der Stille für dich wirken. Schau dem Feuer zu, wie es prasselt und alles transformiert. Wenn du soweit bist und auch magst, dann feiere danach ein erstes kleines Erntedankfest im Kreis deiner Liebsten. Schön ist es, wenn jeder etwas dazu beiträgt. Genieß das Beisammensein und sei stolz auf deine erste Ernte.
Der Zopf hat in vielerlei Hinsicht eine schöne Symbolik in sich. Die drei Stränge können für die Vergangenheit, die Gegenwart sowie die Zukunft stehen. Durch das Flechten wird uns bewusst, dass alles miteinander verbunden ist und es schlussendlich nur das Jetzt gibt. Das, was jetzt ist. Gleichzeitig kann jeder Strang aber auch für die verschiedenen Arten der Ernte stehen. Die erwünschte, die unverhoffte sowie die, die wir loslassen dürfen. Alles zusammen bildet am Ende das, was Wirklichkeit ist. Das, was wir annehmen dürfen.